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Karnischer Höhenweg

15. bis 22. Juli 2024

Wo bitte befindet sich der Karnische Höhenweg? Diese Frage dürften sich viele stellen, die sich noch nie mit dieser Mehrtageswanderung beschäftigt haben. Der Karnische Höhenweg verläuft entlang des Karnischen Hauptkammes an der Grenze zwischen Österreich und Italien, an der ehemaligen Frontlinie im Ersten Weltkrieg zwischen den Kriegsparteien Österreich/Ungarn und Italien. Alte Kriegssteige wurden wieder hergestellt und letztendlich erhielt der Weg den Namen Via della Pace - Friedensweg. In den 8 bis 11 Tagen trifft man immer wieder auf Spuren aus dem Ersten Weltkrieg: alte Stellungen, Unterkünfte (großteils verfallen), Stacheldraht und verrostete Blechdosen. Der Weg ist großteils sehr gut rot-weiß-rot mit der Wegnummer 403 markiert. An markanten Punkten zeigen Wegweiser die Richtung zur nächsten Hütte oder einen optionalen Gipfel.

Wer sich näher informieren möchte, dem empfehle ich die Internet Seite Karnischer Höhenweg - KHW 403 oder den Rother Wanderführer Karnischer Höhenweg (16,90 Euro, Ausgabe Frühjahr 2022, inkl. GPS-Tracks).

Mit einem Freund plane ich die komplette Begehung von Sillian bis nach Thörl-Maglern - also von West nach Ost. Natürlich lässt sich der Weg auch in umgekehrter Richtung begehen, aber die meisten Wanderer bevorzugen die Begehung von West nach Ost. Bis zum Plöckenpass ist der Weg eher alpin und verläuft großteils auf über 2.000 Metern. Wer sich den einen oder anderen Gipfel nicht entgehen lassen möchte, erreicht Höhen von knapp 2.700 Metern (Hohe Warte sogar 2.780 m).

Die Planung basiert auf dem Rother Wanderführer, allerdings weiche ich davon schon am ersten Tag ab. Die Variante V1.2 beschreibt den Weg ab der Leckfeldalm, nicht aber den Zustieg zur Leckfeldalm. Die Leckfeldalm ist mit dem PKW erreichbar und wer den KHW begeht, kann sein Auto dort stehen lassen und eventuell hier übernachten. Am ersten Wandertag kann man dann die Sillianer Hütte überspringen und direkt zur Obstansersee Hütte wandern. Die Leckfeldalm bietet auch einen Taxi Service an, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen.

Inzwischen ist es (leider) üblich - oder sogar erforderlich - die Übernachtung vorab zu buchen. Fast alle Hütten bieten einen Online Reservierungslink an (häufig über alpsonline.org). Einen tollen Service bietet der österreichische Alpenverein mit dem Hüttencheck. Man wählt nur noch den Starttag und bekommt die Verfügbarkeit der ersten 8 Hütten angezeigt (Sillianer Hütte bis Zollnersee Hütte). Soweit nicht ausgebucht lässt sich die Hütte über den Link "Zur Reservierung" gleich reservieren. Nachteil: die Flexibilität geht komplett verloren. Eine Hütte überspringen oder auf einer Hütte zwei Nächte bleiben (um z.B. noch einen Gipfel zu besteigen), gesundheitliche oder konditionelle Probleme - eine Anpassung ist spontan schwer möglich.

Tag 1


Nach achtstündiger Autofahrt (inkl. Pausen) erreichen wir Sillian gegen 13 Uhr. Im Supermarkt kaufen wir noch ein kaltes Getränk und eine Kleinigkeit beim Bäcker. Im Vorfeld hatte ich in der Sillianer Touristeninformation angefragt, wo wir unser Auto für mehrere Tage stehen lassen können. Die Antwort kam sehr schnell: Sillian am Roten Kreuz (Anschrift: 185h). Sehr erfreulich: keine Parkgebühren und bei der Rückkehr mit dem Bus ideal gelegen, denn die Endstation der Buslinie befindet sich 100 Meter vom Parkplatz entfernt. Die Rucksäcke werden fertig gepackt und Interesse halber gewogen. Ich komme auf 8.160 g, Olaf auf 9.890 g (jeweils mit gefüllter Wasserflasche). Bei mir zeigt sich die seit vielen Jahren auf Gewicht optimierte Ausrüstung.

Sillian Parken Bushaltestelle Weg 471
Parkplatz Sillian 185h (roter Kreis), Bushaltestelle (blauer Kreis)

Auf geht es zu über 1.300 Höhenmetern Aufstieg am ersten Tag. Wir wählen den rot gepunkteten Weg. In Google Maps war nicht klar zu erkennen, ob man den Bahnhof auch südseitig verlassen kann, aber das ist möglich. Die blau gepunktete Variante ist etwas kürzer. Wer mit dem Zug nach Sillian anreist, hat hier einen optimalen Startpunkt. Wir verlassen die Straße und steigen an einem Schild (hellblauer Kreis) die Wiese (Trittspuren) den Weg 471 in Richtung Leckfeldalm hinauf. Der Weiterweg ist bestens markiert:

alte Wegmarkierung

Zum Glück nur ein Überbleibsel aus alten Tagen! Gut markiert geht es kontinuierlich bergauf bis wir nach 2 1/4 Stunden die Leckfeldalm auf 1.900 Metern erreichen.

Leckfeldalm

Natürlich nutzen wir die Alm für einen Stopp, um den Flüssigkeitsspeicher aufzufüllen. Nach weiteren 80 Minuten erreichen wir kurz vor 18 Uhr die Sillianer Hütte. Obwohl wir beide einen Platz im Lager reserviert haben (inkl. Bestätigung per E-Mail), kann unsere Buchung nicht gefunden werden. Kann passieren, wir bekommen trotzdem einen Schlafplatz.

Sillianer Hütte
Sillianer Hütte auf 2.227 Metern

Die Aussicht auf die Sextener Dolomiten ist umwerfend:

Ausblick Sextener Dolomiten im Abendlicht

Auf der linken Seite das Massiv der Sextener Rotwand, die über mehrere Klettersteige bestiegen werden kann. Darunter die Schneisen des Skigebiets. In der Bildmitte die Drei Zinnen. Die höchste Erhebung rechts ist die Dreischusterspitze.

Tag 2


Mit gut vier Stunden laut Wanderführer steht heute eine recht kurze Etappe an. Genug Zeit für einen Abstecher zur Hollbrucker Spitze, auf der ich vor über 40 Jahren das erste Mal stand (damals direkter Aufstieg von Hollbruck und zurück).

Olaf und Uli vor der Sillianer Hütte
Kurz vor dem Start. Im Hintergrund die Sextener Dolomiten

Sillianer Hütte im Morgenlicht
Blick zurück zur Sillianer Hütte

Drei Zinnen
Drei Zinnen - immer wieder eindrucksvoll

Nach einer Stunde Gehzeit erreichen wir die Hollbrucker Spitze (2.581 m):

Uli Olaf Hollbrucker Spitze

Am Hochgräntenjoch befindet sich der höchstgelegene Kriegerfriedhof in Mitteleuropa. Vier Gefallene liegen hier begraben:

Kriegerfriedhof am Hochgräntenjoch

Nach 4 1/4 Stunden Gehzeit erreichen wir die Obstansersee Hütte.

Blick zum Obstansersee mit gleichnamiger Hütte
Blick zum Obstansersee mit gleichnamiger Hütte

Obstanserseehütte 2024
Obstansersee Hütte 2.304 m

Im Jahre 1982 war die Obstansersee Hütte noch wesentlich kleiner:

Obstanserseehütte 1982

Jeden Tag die Suche nach der Möglichkeit das Smartphone aufzuladen. Die meisten Hütten bieten Steckdosenleisten - und bis auf eine - ist dieser Service sogar kostenlos.

Smartphone Ladestation

Tag 3


Die nächste Hütte könnte man überspringen, denn es stehen nur gut drei Sunden Gehzeit an und zur übernächsten Hütte sind nicht einmal drei Stunden zu veranschlagen. Ich möchte aber unbedingt einmal auf der kleinen Filmoorhütte (auch Standschützenhütte genannt) übernachten, die nur über 14 Schlafplätze verfügt.

Zuerst steht der Aufstieg zur Pfannspitze (2.678 m) an. Dafür wählen wir den etwas längeren, aber wesentlich schöneren Weg am Westufer des Obstansersees vorbei zum Obstanser Sattel und weiter am Kamm entlang zum Gipfel. Wie heißt es so schon im Führer? "Am frühen Morgen, bei klarer Sicht, ist das Panorama gewaltig". Wir stecken in den Wolken - und sehen nichts:

Olaf und Uli am Gipfel der Pfannspitze

Außerdem ist es am Gipfel kalt und nach wenigen Minuten steigen wir ab.

Große Kinigat
Blick zur Großen Kinigat. Rechts unterhalb der Felsen ist der Normalweg zu erkennen.

An der Kinigatscharte zweigt der Klettersteig zur Großen Kinigat ab und den will ich mir nicht entgehen lassen. Olaf verzichtet und quert unterhalb der Großen Kinigat zur Königswandscharte und steigt bereits zur Hütte ab. Der Klettersteig ist sehr einfach, auf Klettersteigausrüstung kann man verzichten. Nach den Seilversicherungen sind noch zwei kleine Altschneefelder zu überwinden.

Anstieg Große Kinigat

Bereits nach einer halben Stunde stehe ich am Gipfel:

Uli am Gipfelkreuz Große Kinigat

"Der für eine Aussicht berühmte Gipfel ...". Okay, das hatten wir heute schon. Nicht vollständig in Wolken, aber zumindest ist das 7 Meter hohe Europakreuz zu sehen. Fernsicht dagegen Fehlanzeige.

Der Abstieg vom Gipfel zur Königswandscharte ist wieder mit Drahtseilen gesichert. Viel Schotter liegt auf dem abschüssigen Band und da ist das Seil zum Festhalten sehr hilfreich. Hier trifft man auf den Normalweg, der von der Kinigatscharte herüberführt. Weiter geht es zum Filmoorsattel. Das Tagesziel ist bereits sichtbar und in 10 Minuten erreiche ich die Filmoorhütte, die erst im Jahre 1977 erbaut worden ist. Zu Ehren der tapfer kämpfenden Standschützen im 1. Weltkrieg erhielt die Hütte den Beinamen Standschützenhütte.

Filmoorhütte
Im rechten Gebäude sind die 14 Matratzenlager auf zwei Ebenen untergebracht

Der Kühlschrank befindet sich gleich neben der Hütte:

Filmoorhütte Brunnen mit kühlen Getränken

Auf Vertrauensbasis bedient man sich selbst und notiert, was man entnommen hat. Natürlich muss man auf dieser kleinen Hütte mit Einschränkungen leben. Sowohl in der Hütte als auch im Schlafgebäude gibt es Toiletten. Eine Dusche sucht man vergebens. Lediglich ein kleiner Waschraum steht zur Verfügung. Die Hütte wird mit Hubschrauber versorgt. Frische Waren werden zu Fuß mit dem Rucksack hochgeschleppt. Jeder Wanderer sollte also Verständnis dafür haben, dass eine Getränkedose aus dem Brunnen 5,90 Euro kostet.

Interessante Beobachtung an diesem Tag: das Pissoir im Herren WC ist defekt. Wie funktioniert die Ersatzteilbeschaffung und die Reparatur? Nein, die Handwerker tragen das neue Pissoir und das Werkzeug nicht auf dem Rücken zur Hütte, sie werden mit dem Hubschrauber eingeflogen und nach erledigter Arbeit wieder mit dem Hubschrauber abgeholt. Diese Flüge sind teuer und müssen vom Hüttenwirt in die Preisfindung einkalkuliert werden.

Nicht ungewöhnlich: auf der Hütte gibt es keinen Mobilfunkempfang. Es ist noch früh am Tag und ich hätte viel Zeit, um meinen Internet Blog zu aktualisieren. Also steige ich knapp 100 Höhenmeter Richtung Filmoorhöhe auf den Grenzkamm Österreich/Italien. Kaum am Kamm angekommen meldet sich das italienische Mobilnetz mit 4G Empfang.

Blick von der Filmoorhöhe zur Großen Kinigat
Blick vom Sattel unterhalb der Filmoorhöhe (roter Strich) zur Großen Kinigat (blauer Strich). Normalweg (gelbe Punkte), Abstieg von der Großen Kinigat (blaue Punkte), Filmoorhütte (Roter Kreis)

Tag 4


Die heutige Tagesetappe ist mit 2 3/4 Stunden angegeben. Allerdings bietet es sich an die Porze (2.599 m, Cima Palombino) zu besteigen oder besser gesagt zu überschreiten. Das Wetter startet sehr freundlich mit einem herrlichen Ausblick auf die Große Kinigat:

Blick zur Großen Kinigat am frühen Morgen

Von der Filmoorhütte geht es erst einmal bergab bevor der Weg nach rechts durch moorige Wiesen verläuft. Wir sind noch nicht lange unterwegs und wieder einmal laufen wir in Wolken ohne Aussicht auf die herrliche Bergwelt. Vorteil: wir schwitzen kaum. Vorbei am Oberen Stucksee steigen wir auf zum Heretriegel und gemütlich weiter Richtung Porzehütte. Aus den Wolken taucht unerwartet ein großer Strommast auf. Etwas befremdlich, aber irgendwoher muss der Strom ja kommen. Hier wäre es gut, wenn man zur Porze aufsteigen könnte, aber einen Wegweiser oder eine Markierung sucht man vergeblich. Also erst einmal steil absteigen (drahtseilversichert). Über Serpentinen verlieren wir immer mehr an Höhe bis zu einem Schild, das den Aufstieg zur Porze über Porzescharte anzeigt:

Wegweiser Porze über Porzescharte

Olaf kämpft mit Hüftproblemen und geht direkt weiter zur Porzehütte. Auf mit Pflanzen zugewuchertem Pfad steige ich auf zum Porzesattel. Hier zweigt ein alternativer Weg zur Filmoorhütte ab: der Klettersteig Sentiero attrezzato D’Ambros Corrado. Bereits am Vortag hatte ich diese Variante oberhalb der Filmoorhütte gesehen. Alleine wäre ich den mit B/C bewerteten Klettersteig gegangen, aber ohne Klettersteigausrüstung und mit großem Rucksack habe ich diesen Weg nicht vorgeschlagen.

Blick von der Porzescharte zur Porze
Blick von der Porzescharte zur Porze

Auch der Klettersteig auf die Porze ist leicht und ohne Klettersteigausrüstung machbar (entsprechende Erfahrung vorausgesetzt). Nach 40 Minuten erreiche ich den Porzegipfel:

Porzegipfel

Ganz alleine verbringe ich gut 40 Minuten mit Sonne-/Wolkenmix auf dem Gipfel.

Uli auf der Porze

Nach einem letzten Bild mit Stativ und Fernbedienung steige ich über den etwas schwereren Klettersteig durch die Nordostwand ab. Die letzte Hürde am Klettersteig:

Leiter Einstieg Klettersteig Porze

Ich bin flott unterwegs und brauche vom Porzegipfel bis zur Porzehütte 1,5 Stunden.

Porzehütte
Porzehütte 1.942 m, im Hintergrund die Porze

Olaf hat auf der Terrasse in der Sonne bereits das ein oder andere Getränk genossen. Da ich üblicherweise während der Wanderung nichts trinke, ist es auch für mich Zeit, den Flüssigkeitsbedarf zu decken.

Handtuchwärmekörper Porzehütte
Luxus in der Porzehütte: beheizte Handtuchwärmekörper

Murmeltiere sieht man immer wieder, aber einen Fuchs? Dieses Bild wurde direkt vor der Porzehütte aufgenommen:

Fuchs an der Porzehütte

Ohne jegliche Scheu liegt der Fuchs direkt vor dem Treppenaufgang zur Hütte. Normal ist das nicht. Eventuell ist der Fuchs krank. Tollwut?

Tag 5


Heute steht die Königsetappe an: der Kammweg von der Porzehütte zum Hochweißsteinhaus. 8 Stunden reine Gehzeit sind angegeben. Mit Pausen können daraus schnell 9 bis 10 Stunden werden. Bei schlechtem Wetter nicht empfehlenswert! So früh wie möglich wollen wir starten, allerdings gibt es erst ab 6:30 Uhr Frühstück und die Hüttenwirtin lässt nicht mit sich handeln. Um 6:30 Uhr hat sich bereits eine lange Schlange vor der Türe zum Frühstücksbüffet gebildet. Das sollte dem Hüttenwirt zu denken geben. Der Rucksack steht schon fertig gepackt vor der Türe. Wir frühstücken so schnell wie möglich und starten kurz vor 7 Uhr.

Immer wieder begeistert der Blick zur Porze:

Porze
Porzegipfel (roter Strich), Einstieg Klettersteig (roter Punkt): vom Einstieg zieht sich der Klettersteig schräg links hoch durch die Nordostwand, Porzescharte (gelber Strich), rechts daneben sind zwei Strommasten zu erkennen

Olaf oberhalb Tilliacher Joch
Olaf oberhalb vom Tilliacher Joch, im Hintergrund alte Stellungen vom 1. Weltkrieg

Porze links und Große Kinigat
Links das Porze Massiv, der markante Felsen rechts ist die Große Kinigat (roter Strich)

Nach ca. drei Stunden Gehzeit besteht die Möglichkeit vom Winklerjoch über das Winklertal nach Untertilliach (Gailtal) abzusteigen. Der Aufstieg zum Hochspitz gehört sicherlich zum schwierigsten Abschnitt des heutigen Tages: steile, nasse, felsdurchsetzte Erdrinne mit einigen Drahtseilen versehen. Kurz darauf ist das Mitterkarjoch auf 2.400 m erreicht. Hier besteht die Möglichkeit zum Mitterkarbiwak abzusteigen (Notunterkundt im Falle eines Wettersturzes/Gewitter). An der Steinkarspitze (den Gipfel quert man etwas unterhalb) wechseln wir das Bundesland und sind jetzt in Kärnten. Ein Wegweiser weist auf zwei Varianten hin:

Wegweiser an der Steinkarspitze

Ein Blick in den Wanderführer zeigt, dass die beiden Varianten in der Ausgabe Frühling 2022 noch nicht bekannt sind. Einer der beiden Wege muss neu angelegt worden sein. Wir entscheiden uns für den linken Weg, der als schwierig gekennzeichnet ist und der Wegführung im Wanderführer entspricht. Der Weg ist nicht wirklich schwierig, aber ausgesetzt. Wer Probleme mit Tiefblicken hat, sollte sich für die leichte Variante entscheiden, die nach einer halben Stunde wieder auf den Normalweg trifft. Ab dem Luggauer Törl - das Hochweißsteinhaus ist schon sichtbar - sind es noch ca. 1,5 Stunden bis zum Tagesziel. 30 Minuten später erreichen wir eine Wegteilung. Der Wegweiser gibt für beide Varianten noch 1 1/4 Stunden an. Der leichtere Weg führt ins Frohntal auf 1.650 Meter und zum Hochweißsteinhaus müssen wieder 200 Höhenmeter im Aufstieg bewältigt werden. Also entscheiden wir uns für die schwerere Variante. Rückblickend gesehen die schlechtere Entscheidung. Der Weg ist teilweise zugewachsen und damit ist schwer zu erkennen wo man hintritt. Anspruchsvoll ist aber das Altschneefeld:

Altschneefeld

Sieht eigentlich ganz einfach aus! Altschneefeld queren und auf der anderen Seite weiterlaufen. Das Problem: von oben kommt das Wasser und höhlt das Altschneefeld von unten aus. Es ist nicht zu erkennen, wie dick die Altschneedecke noch ist. Beim Betreten könnte das Gebilde zusammenbrechen. Eine tödliche Falle!

Zuerst muss zum Rand des Altschneefeldes kommen. An einer Kette, die nur oben befestigt ist, hangelt man sich herunter:

Altschneefeld Kette

Anschließend steigt man links vom Altschneefeld bis zum Wasser ab. Der untere Teil ist sehr instabil, nass und dreckig. Ein altes Kletterseil gibt etwas Sicherheit. Dieses Seil ist aber stark verschmutzt. Nach der Nutzung sind die Hände verschlammt. Zum Glück muss man den Bach queren und kann erst einmal die Hände waschen. Auf der anderen Seite kämpft man sich mühsam den Schutthang hoch. Auch da ist ein dreckiges Kletterseil als Hilfestellung befestigt, das ich nicht nutze und vorsichtig in Erde und Geröll aufsteige.

Abstieg am Altschneefeld

Gerne hätte ich noch ein paar Bilder gemacht, aber das Gewitter ist sehr nahe und leichter Regen hat eingesetzt. Wir sollten schnellstmöglich zur Hütte kommen. Nach insgesamt 7,5 Stunden reine Gehzeit ist das Hochweißsteinhaus erreicht. Zum Glück hat sich das Gewitter im Nachbartal ausgetobt und nach einer Stunde kommt die Sonne heraus. Die Terrasse ist gut besetzt. Kleidung und andere Ausrüstungsgegenstände trocknen in der Sonne.

Im Hochweißsteinhaus ist das Laden des Smartphones kostenpflichtig. Der Automat muss mit 1 Euro Münzen gefüttert werden. Mein Smartphone hat noch ausreichend Ladung - zumal es hier keinen Mobilfunkempfang gibt - und befindet sich eh im Flugmodus. Bei Bedarf kann ich morgen immer noch die Powerbank nutzen.

Ladestation im Hochweißsteinhaus

Die Hütte ist sehr gut besucht und im Gastraum ist es sehr laut. Alle Plätze sind belegt. Es kommen noch vier Personen aus den Schlafräumen und da es keinen Platz mehr gibt, werden diese in einen kleinen Raum verfrachtet, der mit "privat" gekennzeichnet ist. Ich frage in dem Nebenraum nach, ob noch Platz für zwei Personen ist. Das ist der Fall und wir wandern aus. Hier kann man sich wenigstens unterhalten.

Tag 6


Bisher gab es auf jeder Hütte ein Frühstücksbüffet. Das gibt es auch im Hochweißsteinhaus. Allerdings ist das Handling hier etwas anders. Am Vorabend bei der Frage, ob man frühstücken möchte, erhält man einen Plastikchip, den man dann am Morgen gegen einen Teller und eine Tasse bei der Hüttenwirten eintauschen muss. Erst dann kann man sich am Frühstücksbüffet bedienen.

Der sechste Tag ist mit 6 Stunden angegeben und es sind 1.000 Meter im Aufstieg und 900 Meter im Abstieg zu bewältigen. Also warten wir auch heute ab kurz nach 6 Uhr auf das Öffnen des Gastraumes. Dieser wird erst zur offiziellen Frühstückszeit um 6:30 Uhr aufgeschlossen. Kurz nach 7 Uhr schaffen wir es, das Hochweißsteinhaus in Richtung Wolayerseehütte zu verlassen:

Hochweißsteinhaus am Morgen

Am Öfner Joch auf 2.011 m betreten wir Italien für die nächsten Stunden. Über 400 Höhenmeter müssen wir absteigen. Bisher war der Karnische Höhenweg immer sehr gut ausgeschildert. Das ändert sich auf der italienischen Seite:

Beschilderung in Italien

Das Hochweißsteinhaus ist noch angeschrieben, interessiert aber nicht, da wir von da kommen. Aber wie geht es weiter? Ein Blick auf den GPX-Track am Smartphone hilft Verhauer zu vermeiden. Wir steigen durch ein schönes Tal zur Sella Sissanis auf und pausieren für knapp 45 Minuten. Es gibt Mobilfunkempfang und wir sind nicht die Einzigen, die die Pause nutzen, um Nachrichten zu lesen oder sich kurz zu Hause zu melden.

Rückblick vom Sella Sissanis auf das Öfner Joch
Rückblick vom Sella Sissanis auf das Öfner Joch

Vom Sella Sissanis hat man einen Blick auf einen See (Lago Pera) und den links vom See verlaufenden Weiterweg zum Giramondopass:

Sella Sissanis Blick auf See und Weiterweg

Gut 10 Minuten sind wir gewandert und haben einen herrlichen Blick auf den Lago Bordaglia:

Lago Bordaglia und Casera Bordaglia di sopra
Lago Bordaglia und Casera Bordaglia di sopra

Nach dem Abstieg vom Giramondopass sind im Gegenanstieg nochmals ca. 300 Höhenmeter zu überwinden. Ich gebe Gas und erreiche die Wolayerseehütte nach insgesamt 5 Stunden reiner Gehzeit.

Wolayerseehütte

Olaf lässt sich Zeit. Ich melde uns inzwischen an, wechsle das durchschwitzte T-Shirt und bestelle für uns zwei Radler, so dass Olaf beim Eintreffen gleich einen großen Schluck genießen kann.

Die Wolayerseehütte ist toll ausgestattet und der Hüttenwirt ist sehr freundlich. Ich hatte ein Mehrbettzimmer gebucht und lande in einem Dreibettzimmer. Die Dusche ist sehr wohltuend und selbst am Waschbecken kommt heißes Wasser. T-Shirt, Unterwäsche und Socken werden wieder einmal gewaschen und zum Trocknen aufgehängt. Im gut geheizten Trockenraum (inklusive beheizter Schuhhalter) wird die Wäsche schnell trocken. Selbst die dicken Trekking Socken sind am nächsten Morgen getrocknet.

Der Gastraum mit großen Panoramafenstern bietet einen umwerfenden Blick auf den Wolayer See und den Cima Lastrons del Lago (Seewarte 2.599), vor allem wenn am Abend der Berg von der Sonne zum Glühen gebracht wrid:

Wolayersee und Seewarte im Abendlicht

In den letzten Tagen habe ich bei der Ankunft in der Hütte meistens eine heiße Suppe gegessen. Das Abendessen als 3-Gänge-Menü war mir dann immer zu viel, zumal ich mir aus Nachspeisen nichts mache. Bestellt habe ich fast immer das Bergsteigeressen. Hütten sind verpflichtet ein preisgünstiges (oft 11 Euro), sättigendes Essen für Alpenvereinsmitglieder anzubieten - und üblicherweise handelt es sich dabei um Nudeln mit einer Soße. Heute gibt es auf der Wolayerseehütte im Rahmen der Halbpension Hirschbraten mit Spätzle und Rotkraut. Das kann ich auch als Hauptspeise bestellen (also ohne Suppe und Nachspeise). Sehr lecker!

Tag 7


Der Tag startet mit einem wolkenlosen Himmel. Blick von der Wolayerseehütte zum Seekopf:

Wolayerseehütte Blick zum Seekopf

Heute steht mit drei Stunden Gehzeit eine sehr kurze Etappe an. Tut auch einmal gut. Wir lassen uns beim Frühstück etwas mehr Zeit als sonst und starten um 7:22 Uhr vorbei am Wolayersee mit dem Aufstieg zum Valentintörl.

Blick zurück zur Wolayerseehütte mit dem auf dem Felsen errichteten Kriegerdenkmal:

Wolayerseehütte Kriegerdenkmal

Schneefeld beim Aufstieg zum Valentintörl

Beim Aufstieg zum Valentintörl ist ein Schneefeld zu überwinden. Einige Wanderer sind schon vor uns unterwegs. Ein Österreicher, der den 11:09 Uhr Bus unterhalb der Valentinalm erreichen will, stürmt vor mir das Schneefeld hinauf. Ich laufe hinterher in der Erwartung, dass es sich um den richtigen Weg handelt. Natürlich gibt es auf dem Schneefeld keine Markierungen. Am Ende des Schneefeldes ist der Weg wieder deutlich zu sehen und es geht in Serpentinen steil nach oben. Fast habe ich den Sattel (gelber Punkt) erreicht, kommt mir der Österreicher wieder entgegen. Falscher Weg! Dieser Weg führt zum Einstieg Klettersteig Hohe Warte. Also wieder absteigen und über unmarkiertes Gelände um den Felsen herum zum Valentintörl aufsteigen. Den Trittspuren nach zu urteilen waren wir die nicht ersten Wanderer, die falsch aufgestiegen sind. Was lerne ich daraus? Nicht einfach hinterher laufen, sondern selbst nach dem richtigen Weg suchen. Der hätte gleich am Anfang des Schneefeldes links im Grashang zum Valentintörl geführt.

Olaf und Uli am Valentintörl

Der Verhauer war jetzt nicht tragisch, aber hätte vermieden werden können. Das Wetter ist grandios und ich verbringe 1,5 Stunden am Valentintörl bei herrlichem Sonnenschein. Olafs Hüftprobleme nehmen immer mehr zu. Er entschließt sich nach einer kurzen Pause langsam zur Valentinalm abzusteigen.

Die Vielfalt der Alpenblumen ist immer wieder beeindruckend:

Blütenpracht am Wegesrand

Im schnellen Tempo steige ich später ab. Vorbei an der Oberen Valentinalm (keine Einkehrmöglichkeit) erreiche ich die Untere Valentinalm (jetzt: Gasthof Valentinalm) nach 80 Minuten. Für knapp über 900 Höhenmeter Abstieg keine schlechte Zeit - immerhin im Rentner Alter und mit einer noch nicht ausgeheilten Fußverletzung.

Valentinalm

Die Matratzenlager sind unter dem Dach im Gebäude rechts untergebracht. Über eine steile Holztreppe sind die beiden Lager zu erreichen. Rechts ein Lager mit 7 Matratzen und zwei Fenstern, rechts ein Lager mit 6 Matratzen und KEINEM Fenster. Eine Zumutung für diejenigen, die darin schlafen müssen. Dafür funktioniert die Dusche ohne Münzen und damit ohne Zeitbeschränkung. Es gibt sogar einen Haartrockner im Bad. Im Nebengebäude gibt es für alle Nächtigungsgäste nur eine Dusche und eine Toilette.

Valentinalm mit Nebengebäude

Die Valentinalm bietet durchgehend warme Küche. Nach einer Suppe kurz nach der Ankunft gönne ich mir später einen kleinen Kaiserschmarrn (den ersten auf der Tour). War okay, aber nicht überwältigend. Zum Abendessen esse ich eine lokale Spezialität: Kärntner Nudeln (eine Art Maultaschen) mit Salat.

Olaf hat entschieden die Tour abzubrechen. Zu groß sind die Schmerzen in der Hüfte. Wir besprechen einige Varianten. Er steigt ab, fährt nach Hause und ich gehe weiter und komme mit dem Zug zurück. Zweite Option, da die nächste Hütte (Zollnersee Hütte) bereits reserviert ist: Olaf steigt ab, verbringt eine Nacht im Tal und holt mich am übernächsten Tag mit dem Auto ab. Oder wir steigen beide ab. Die Entscheidung vertagen wir auf den nächsten Morgen.

Tag 8


Die Entscheidung ist gefallen: ich steige ebenfalls mit Olaf ab. Die restlichen Etappen bis Thörl-Maglern sind nicht mehr so spannend (Almengebiet) und auf eine Übernachtung im Skigebiet Zettersfeld hatte ich von Anfang keine große Lust. Hinzukommt eine Erkältung, die sich bei mir über Nacht eingeschlichen hat. Da macht das Wandern auch nicht mehr so viel Spaß.

Von der Valentinalm sind es 15 bis 20 Minuten bis zur Plöckenpassstraße. Hier befindet sich eine Bushaltestelle, die 2x am Tag in Richtung Kötschach bedient wird. Der erste Bus fährt erst um 11:09 Uhr (der zweite um 15:55 Uhr). Die Idee, ab der Plöckenpassstraße zu trampen, verwerfen wir sofort, nachdem wir hören, dass der Plöckenpass gesperrt ist (Felssturz auf der italienischen Seite). Wir beschließen sehr langsam nach Kötschach abzusteigen. An der Plöckenpassstraße angekommen geht es 400 Meter an der Straße entlang bis zum Kriegsfriedhof. Hier startet der Römerweg (Pfad ist bis zur Brücke über den Angerbach zugewuchert), der uns ins Tal bis nach Mauthen führt. Durch die Straßen von Mauthen laufen wir Richtung Norden, überqueren die Brücke über die Gail und zweigen nach 400 Metern rechts zum Bahnhof ab. Von Kötschach fahren wir mit dem Bus um 11:28 Uhr nach St. Lorenzen und von dort weiter nach Sillian. Eine direkte Busverbindung nach Sillian ist nicht möglich, da eine Landesgrenze (Kärnten/Tirol) zu überwinden ist. Der Bus erreicht Sillian um 13:20 Uhr. Wir ziehen uns am Auto um und treten den Heimweg an.


Kosten


Wie viel Geld brauche ich für eine Hüttentour? Was brauche ich an Bargeld? Kann ich überall mit Karte zahlen?

Wer nicht regelmäßig in den Bergen unterwegs ist, stellt sich diese und andere Fragen. Wichtig: wie meisten Hütten akzeptieren nur Bargeld! Wer mit Girocard bezahlen möchte, sollte sich vorher erkundigen. Manche Hütten geben dies auf der Homepage an. Beispiel: "Auf der Wolayerseehütte kann bargeldlos per EC-Karte bezahlt werden. Kreditkarten (VISA und MASTERCARD) werden auch akzeptiert."

Einige Kosten sind fix, andere abhängig vom Konsum. Ein paar Orientierungspunkte:


Wer gerne Wein trinkt oder nach dem Essen noch den ein oder anderen Schnaps benötigt, muss natürlich Mehrkosten einrechnen! 100 Euro am Tag und Person kommen sehr schnell zusammen. Ich hatte mit 100 Euro kalkuliert. Für die 8 Tage (7 Übernachtungen) habe ich in Summe 875 Euro benötigt (inkl. anteilige Reisekosten).

Kosten Karnischer Höhenweg

Anmerkungen: